Vorgestern hat mir eine Verkäuferin ein Kompliment gemacht und mir damit mehr als nur den Tag versüßt. Sie meinte, sie fand es total toll, wie ich das letzte Mal eine brenzlige Situation gelöst habe. Krümel wollte nach dem Bezahlen direkt aus dem Laden auf die Straße laufen, ich war aber noch mit dem Einpacken beschäftigt: „Bitte warte auf mich, ich bin noch nicht fertig.“ Die Verkäuferin erzählte, dass die meisten Eltern in dieser Situation eher im Befehlston mit dem Kind kommunizieren bzw. wütend werden. Deshalb fand sie meine Reaktion toll. Das wars auch schon. Ganz ehrlich: Ich war den Tränen nahe. Denn man selbst ist doch sehr kritisch mit sich und der „Erziehung“. Das kann natürlich auch daran liegen, dass man als Mutter immer und überall kritisiert werden darf. So fühlt es sich jedenfalls an.
„Dann sind es vor allem die anderen Mütter, die zu einem hinüberschauen“
Es sind die kleinen Nebensätze, die Andeutungen, die Blicke, die einem das Gefühl geben, gerade falsch zu handeln. Beispiele dafür gefällig? Das wütende Kleinkind, das sich auf den Boden schmeißt (hier bitte frei wählen: im Supermarkt, auf der Straße, zu Besuch bei den Großeltern usw.), sobald man sich auf Diskussionen mit einem Kind einlässt (ganz ehrlich: oft haben sie Recht und wir Unrecht), wenn das Kind hungrig und gleichzeitig müde ist und die Welt also eh untergeht… Dann sind es vor allem andere Mütter, die zu einem hinüberschauen. Die den Kopf schütteln, die Augen verdrehen, sagen „Na, da bekommt ja jemand immer seinen Willen“ oder „Bei uns gibt es das aber nicht“. Ja, oft sind es auch ältere Menschen, die jedem, der auch nur in der Nähe ist, davon erzählen, dass das früher zum Glück anders geregelt wurde, dass Prügel niemandem geschadet hätten… Aber auch die meisten dieser Menschen sind oder waren Eltern. Ja, es sind vor allem Eltern, die es sich erlauben, andere Eltern zu kritisieren, zu bewerten. Und das selten positiv.
Was Mom-Shaming ist und was wir dagegen tun müssen
Mom-Shaming ist der neueste Begriff dafür und erobert gerade vor allem Instagram. Aber eigentlich braucht es dafür gar keinen neuen Trendname. Das Phänomen ist so alt wie die Menschheit. Aber warum bewerten wir uns und unsere Erziehung gegenseitig? Warum meinen wir, dass wir sofort alles durchschauen? Wenn am Spielplatz zum Beispiel eine Mutter auf der Bank sitzt und nur in ihr Handy starrt, denken wir sofort, dass sie das den ganzen Tag macht und keine Lust hat, mit ihrem Kind zu spielen. Vielleicht aber ist sie non-stop am Spielen, Haushalt machen, Arbeiten UND Beschäftigen und gönnt sich gerade eine kurze Auszeit für sich, weil ihr Kind gerade eh im Sandkasten mit anderen Kindern spielt. All das sehen wir aber in dem Moment nicht. Wir urteilen, ohne die Fakten und Zusammenhänge zu kennen. Und wir tun das immer und immer wieder. Wie viel schöner wäre es also, wenn wir stattdessen einfach einmal ein Kompliment machen. Zum Beispiel der Mutter, dessen Kind schreiend am Boden liegt und wütet: „Toll, wie ruhig Sie bleiben!“ Oder wir werden selbst aktiv, wenn andere meinen, urteilen zu müssen: „Vielleicht war es früher normal, sein Kind zu schlagen. Gottseidank ist es das heute nicht mehr!“ So oder so: Wir sollten weniger urteilen und mehr Komplimente machen. Denn die können einem wirklich den Tag versüßen.
Wie ist das bei euch: Welches Kompliment habt ihr zuletzt erhaltet? Oder wann habt ihr selbst eines verteilt?
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