Ein Ereignis letzten Sommer auf dem Spielplatz (und da hatten wir ja schon einige…) hat sich in meinem Kopf festgebrannt. Krümel spielte im Sandkasten in der Nähe eines anderen Kindes. Der Junge hatte drei Tennisbälle, die er vor sich hin und her rollte. Krümel war fasziniert und es kam wie es kommen musste: Er wollte auch einen Ball haben. Der Junge aber signalisierte deutlich, dass er das nicht wollte. Ich wollte schon eingreifen und Krümel mit etwas anderem ablenken, als der Vater des Jungen heraneilte, seinen Sohn anbrüllte, er solle doch gefälligst teilen. Die Reaktion des Kleinen: Er schmiss sich nach hinten und weinte ganz erbärmlich. Daraufhin packte der Vater das andere Spielzeug laut schimpfend zusammen, warf uns die Bälle hin und erklärte seinem Sohn, wenn er nicht teilen könne, müsse er dies lernen und deshalb bekämen wir nun alle Bälle. Und damit packte er sich seinen Sohn, setzte ihn sich hinten auf sein Fahrrad und sie fuhren weiter weinend bzw. schimpfend weg. Alles ging so schnell, dass ich überhaupt reagieren konnte.
Wenn wir Erwachsenen die Mächtigen sind
Einfach nur unglaublich. Der Kleine war noch keine zwei Jahre alt gewesen. Er verstand überhaupt nicht, was da gerade passierte. Er konnte auch das Teilen an sich ja noch überhaupt nicht nachvollziehen. Er lernte mit dieser Aktion eigentlich nur, dass ihm etwas weggenommen wurde. Vielleicht meinte es sein Vater gut, wollte ihn früh genug darauf vorbereiten, dass man nicht immer alles haben kann, was man möchte und dass man mit anderen teilen sollte. Aber das war es sicherlich nicht, was dem kleinen Jungen an diesem Nachmittag im Gedächtnis blieb. Das Skurrile ist doch Folgendes: Wenn man diese Situation umdreht, dann merkt man spätestens, wie falsch diese veraltete Denke doch ist. Nehmen wir an, der Vater hätte ein neues teures Handy, mit dem er sich gerade beschäftigt. Ich möchte es aber auch halten, es bedienen. Der Vater kennt mich nicht, möchte das Handy nicht einer wildfremden Person geben und überhaupt spielt er ja gerade selbst damit. Niemand würde nun sagen, dass er das aber lernen müsse, ihm das Handy aus der Hand reißen, mir geben und sagen, er hätte jetzt eben Pech gehabt, wenn er das nicht anders lernen könne. Warum denken wir so also nicht? Weil es sich nur um einfache Tennisbälle und nicht um ein teures Handy gehandelt hat, weil es ein Kind und kein erwachsener Mann war und weil Kinder das Teilen nun mal lernen müssen?
Auch Kinder dürfen ihren Besitz verteidigen
Krümel muss nicht teilen. Und er tut es gerade deswegen. Wie das funktioniert? Zuerst einmal müssen wir uns eingestehen, dass auch Kinder das Recht haben, ihren Besitz zu beschützen bzw. darüber zu bestimmen. Natürlich soll Krümel verstehen, dass es toll ist, wenn alle miteinander alles teilen. Aber ganz ehrlich: Auch wir Erwachsenen wollen eben nicht immer und auch nicht alles miteinander teilen. Und das ist okay. Es gibt eben auch Situationen und Lebensabschnitte, in denen es Kindern schwerer fällt zu teilen. Ein Umzug, der Eintritt in den Kindergarten, das Abstillen, ein neues Geschwisterchen und ähnliches können der Grund sein, warum ein Spielzeug gerade jetzt mit aller Härte verteidigt wird. Kinder lernen übrigens in einer Gruppe (fast) von ganz allein zu teilen. Denn wenn Kinder miteinander spielen, lernen sie viel mehr, als wenn wir Erwachsenen immer alles über ihren Kopf hinweg bestimmen. Natürlich muss man hin und wieder auch einmal eingreifen. Aber prinzipiell sollten wir Eltern die Vermittler und nicht die Bestimmer sein. Ganz nach dem Motto „Was können wir tun, damit es für euch beide okay ist“ anstatt „Du spielst damit zuerst und dann wird gewechselt“. Indem Krümel keine Angst haben muss, dass sein Eigentum von uns Eltern „beschlagnahmt“ wird bzw. er es an andere Kinder „zwangsabgeben“ muss, teilt er freiwillig und von Herzen. Und das ist es doch eigentlich, worauf es ankommt.
Wie funktioniert bei euch das Teilen? Habt ihr gute Tipps oder Tricks, wie wir das Teilen den Kindern einfacher machen können?
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