Was ist Windelfrei?

Unsere Babys machen in die Windel. Klar, was sollen sie auch sonst tun, fragen sich jetzt bestimmt die Meisten. Na, genau das, was wir Erwachsenen tun, wenn’s mal drückt: Wir halten solange, bis wir einen geeigneten Ort finden, an dem wir uns erleichtern können. Und geschätzt 70 Prozent aller Babys weltweit machen das genau so (mit Hilfe ihrer Eltern natürlich) und nicht anders. Außerhalb von Europa, Nordamerika und der Windelindustrie gehört das Abhalten von Babys und Kleinkindern eben meist zum Alltag. Bevor die Windel in den 70er Jahren in Deutschland eingeführt wurde, haben auch viele unserer Großeltern noch ihre Kinder für das Geschäft über ein Töpfchen oder die Toilette gehalten, statt mühsam Stoffwindeln waschen zu müssen. Aber heutzutage bekommt man nur einen fragenden oder gar kritischen Blick zugeworfen, wenn man erzählt, dass man das Prinzip Windelfrei lebt. Wobei Windelfrei nicht gleich frei von Windeln bedeutet. Im Gegenteil sogar: Klar, kann man Windeln verwenden – aber dann eben nur als Back-up. Aber jetzt erst einmal alles auf Anfang: Was ist überhaupt Windelfrei und wie funktioniert es genau?

Babys können so viel mehr als wir denken

Kinder können von Geburt an ihre Ausscheidungen kontrollieren. Punkt. Genauso, wie sie signalisieren, dass sie Hunger haben oder müde sind, zeigen Babys, wenn sie mal müssen. Wir erkennen dies oft aber einfach nicht. Werden diese Signale immer wieder oder gar schlichtweg ganz ignoriert, hört das Baby irgendwann auch auf, welche zu geben (etwa um den vierten Lebensmonat herum). Um es ganz hart auszudrücken: Es ergibt sich seinem Schicksal und macht in die Windel. Und mal ganz ehrlich, wer mag das schon, das immer und immer wieder machen zu müssen? Babys wollen intuitiv nicht das eigene „Nest“, sich selbst oder andere beschmutzen und halten deswegen ein, bis es irgendwann nicht mehr anders geht.

Woran erkenne ich, dass mein Baby muss?

Je nach Phase kann ein Baby ganz unterschiedliche Zeichen geben: Es wird unruhig, weint, schimpft, drückt seinen Rücken durch, wird plötzlich ganz leise, sucht intensiven Augenkontakt, steckt sich beide Fäuste in den Mund, schaut in die Richtung des Töpfchens, drückt sich von einem weg usw. Jedes Baby ist anders, und so auch seine Signale. Wichtig zu wissen: Mit jedem Entwicklungsschub können sich diese Zeichen auch wieder ändern. Hier zeigt sich dann, wie gut und schnell die Kommunikation zwischen Eltern und Kind ist. Fällt es einem anfangs schwer zu erkennen, wann das Baby muss, kann man es eine Zeit lang einfach einmal ausgezogen lassen. Außerdem gibt es bestimmte Situationen, in denen die meisten Babys fast immer müssen: Nach dem Aufwachen, während oder nach dem Stillen, nach einer längeren Autofahrt usw.

Und dann: Wie halte ich es am besten ab?

Auch hier gibt es wieder so viele Möglichkeiten. Aber keine Sorge, Babys zeigen einem schnell, was sie wollen und was nicht. Sozusagen die klassische Variante wäre das Asia Töpfchen, das auch als China Topf bekannt ist. Im Grunde genommen sieht es aus wie eine Rührschüssel mit abgerundeter, glatter Oberfläche. Das Töpfchen wird am besten im Sitzen zwischen die Oberschenkel geklemmt und das Kind dann mit den Händen an dessen Knien bzw. Oberschenkeln darüber gehalten. Dabei hängt der Babypopo schön tief und die Knie sind gut angewinkelt. Ansonsten kann Windelfrei auch über dem Waschbecken, der Toilette oder an dem nächsten Busch praktiziert werden. Prinzipiell kann also wirklich überall abgehalten werden, wenn es mal drückt. Wichtig ist aber immer der Schlüssellaut. Da Orte und auch Abhaltepositionen wechseln können, braucht das Baby dennoch ein Signal, wann es denn auch loslassen darf. Als Schlüssellaut kann ein Geräusch oder sogar eine Berührung (zum Beispiel das Pusten auf den Kopf) dienen. Aber Vorsicht bei der Wahl: Es sollte nicht im alltäglichen Gebrauch vorkommen, sonst kann schon einmal ungeplant ein Malheur passieren…

Vorteile durch Windelfrei

Über die Vorteile könnte man sich unendlich darüber auslassen, dass Kinder mit Windelfrei schneller trocken werden, ein besseres Körpergefühl haben, weniger mit Koliken zu kämpfen haben, nicht unter Hautirritationen leiden, kaum Verstopfung haben oder dass man mit Windelfrei einen wichtigen Beitrag für die Umwelt leistet, enorme Kosten einspart und so weiter und so weiter. Das alles hat auch definitiv seine Berechtigung, aber das Allerwichtigste ist und bleibt: Auch ein Baby hat ein Recht darauf, dass man seinem Bedürfnis nach Sauberkeit nachkommt.

Ist das nicht eklig?

Nein! Natürlich muss das Töpfchen nach erfolgreichem Gebrauch auch wieder sauber gemacht werden (meist reicht es bereits, es einmal mit Wasser auszuspülen). Aber man stelle sich dessen Inhalt einmal, möglicherweise stundenlang, luftdicht verpackt an einem Babypopo vor. Das ist eklig.

Was brauche ich für Windelfrei?

Eigentlich nichts. Babys praktizieren Windelfrei von Geburt an, wir Erwachsenen müssen es nur erlernen. Wie schon geschrieben, lässt es sich überall abhalten, ein Töpfchen ist also kein Muss, aber manchmal schon sehr praktisch. Bestimmte Kleidung benötigt man prinzipiell auch nicht. Klar, je schneller sich etwas ausziehen lässt, desto besser. Kleiner Tipp: Statt einer steifen Hose, einfach einmal Stulpen (Baby Legs) ausprobieren. Die halten auch warm und stehen einem schnellen Ausziehen nicht im Weg (Und lassen sich auch super schnell selbst machen: Einfach eine Strumpfhose abschneiden!). Als Sicherheit, vor allem wenn man einmal abgelenkt ist (zum Beispiel unterwegs), kann eine Windel als Back-up dienen. Luftiger und damit natürlich auch schöner für den Babypopo sind sogenannte Trainerhöschen, die meist eine Moltonschicht als zusätzlichen Schutz eingenäht haben. Aber auch das ist natürlich kein Muss.

Das Wichtigste ist, dass man Windelfrei ganz entspannt und ohne Leistungsdruck praktiziert. Unfälle passieren, bedeuten aber nicht sofort das Ende. Und mit jedem (Sieger-) Lächeln danach weiß man, warum man sich für Windelfrei entschieden hat.

Unser Zwischenfazit nach einem halben Jahr Windelfrei könnt ihr übrigens hier nachlesen. Und auch unser neuester Windelfrei-Erfolg ist online.

32 Kommentare zu „Was ist Windelfrei?

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  1. Da stellen sich mir doch einige Fragen.
    Wie mache ich das nachts oder ist es ok, nachts das Ganze nicht zu praktizieren?
    Meine Kleine ist schon 13 Monate alt. Ist es da nicht schon zu spät?
    Liebe Grüße, Löwenmama vom Löwenmädchen

    Like

    1. Liebe Löwenmama,
      ich plane bereits einen kleinen Artikel zu dem Praktizieren von Windelfrei in der Nacht – ich hoffe, das hilft dir dann weiter. Aber vorab: Natürlich ist das Löwenmädchen älter und Windelfrei kann dadurch ein wenig anstrengender sein, als wenn du es direkt nach der Geburt zum Beispiel angefangen hättest. Aber zu spät ist es nicht! 🙂 Nachts kann super klappen (bei uns viel einfacher als am Tag), das kommt ganz individuell auf dein Kind an. Krümel zum Beispiel wird sehr unruhig und wälzt sich hin und her, wenn seine Blase drückt. Er schläft dann nach dem Abhalten auch sofort wieder ein. Wenn dein Löwenmädchen allerdings nachts gar nicht mehr merkt, dass sie muss, dann macht es natürlich keinen Sinn, sie zum Abhalten zu Zwingen (außer sie pinkelt im Halbschlaf und schläft dann auch ohne Gemaule wieder ein). Das musst du einfach einmal ausprobieren. Ich wünsche dir viel Erfolg und einfach entspannt bleiben. Wenn es nicht klappt, dann einfach anders oder später noch einmal ausprobieren.
      Herzensgrüße vom Krümel Blog,

      Krümelina

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