Geburtshaus statt Klinik

Der Schwangerschaftstest in meiner Hand zeigte die berühmten zwei Streifen an: Schwanger. Definitiv schwanger. Sowas von schwanger. Und damit begann das Gedankenkarussell. Wie wird das Leben zu dritt wohl werden? Wie werde ich die Geburt überstehen? In diesen ersten „Schreckminuten“ war mir bereits klar: Ich möchte mein Kind nicht im Krankenhaus zur Welt bringen. Mit Krankenhäusern verbinde ich bis heute eines: Kranke Menschen. Warum aber sollte ich für eine Geburt genau dort hin? Ich war ja nicht krank, ich wollte „nur“ ein Kind gebären. Eine Hausgeburt konnte ich mir beim ersten Kind wiederum nicht vorstellen, viel zu risikoreich, zu alternativ und zu laut (unsere Wände sind so dünn, dass wir regelmäßig unserem Nachbarn beim Einschlafen zuhören). Wohin aber dann zum Kinderkriegen?

Haben wir das Kinderkriegen verlernt?

Was blieb da noch übrig, wenn nicht in der Klinik und nicht in den eigenen vier Wänden? Und überhaupt: Wie stellte ich mir die Geburt meines ersten Kindes vor, wenn nicht nach „deutschem Standart“? Natürlich. So natürlich wie nur möglich in Zeiten von geplanten Kaiserschnitten, PDAs, Einleitungen und Wehenmittel. Bevor sich jetzt gleich der erste scharfe Kommentar hierzu einfindet: In Notfällen sollten wir für solche Möglichkeiten durchaus dankbar sein. Aber eben auch nur in solchen. Zu viele Frauen unterschätzen die Kraft, die ihr Körper hat. Wir sind von Natur aus dafür gemacht, Kinder zu kriegen. Aber irgendwie haben wir es mit der Zeit wohl verlernt. Auch wenn ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher war, ob mein Körper und ich es auch ohne Eingriffe schaffen konnten, wollte ich es auf jeden Fall probieren. Ich war gesund, hatte eine einfache Schwangerschaft vor mir (was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte) und wollte mein Kind aus eigener Kraft gebären. Und so war es wortwörtlich nur natürlich, dass ich auf das Geburtshaus München gestoßen bin und wir uns wenige Tage später zum Infoabend davor wiederfanden. Und was ich da hörte, überzeugte mich!

„Hier bleiben wir!“

Helle, offene Räume, warme Farben und eine angenehme, freundliche Atmosphäre. Das war mein erster Eindruck, als wir durch die Räumlichkeiten im Geburtshaus liefen. Es gab zwei Geburtsräume, bei denen selbst die Innenausstatter bei Ikea neidisch geworden wären. Alles harmonierte miteinander, es war einfach „saugemütlich“, wie man es in Bayern ausdrückt. In jedem der beiden Räume thronte unter anderem ein großes Bett, in dem man direkt nach der Geburt sein neues Familienglück genießen konnte. Im Badezimmer, quasi dem Verbindungszimmer der beiden Geburtsräume, stand außerdem eine große Gebärwanne. „Also ist auch eine Wassergeburt möglich“, kann ich mich noch erinnern, damals gedacht zu haben (wenn ich nur geahnt hätte, dass…). Uns war schnell klar: „Hier bleiben wir!“ Und zum Glück entschieden wir uns bereits in der 6. SSW für das Geburtshaus, so dass wir nicht auf die Warteliste gesetzt wurden. Und auch das erste Gespräch, bei dem unter anderem die eigene Krankenvorgeschichte und die der Familienmitglieder besprochen wurde, war positiv. Und so stand fest, solange es Krümel und mir gut geht und er sich nicht für eine Beckenendlage entscheiden würde, würden wir im Geburtshaus gebären – ohne jegliche Schmerzmittel, Eingriffe oder Sonstigem. In den meisten Ländern außerhalb Europas ist es übrigens ganz normal, dass Frau ihr Kind in einem Geburtshaus bekommt. Hingegen in München sind es beispielsweise gerade einmal knapp über einem Prozent, die sich für diese Art der außerklinischen Geburt entscheiden.

„Ist das nicht gefährlich?“

Unsere Familie, Freunde und Bekannte fanden das allesamt milde ausgedrückt ziemlich gewagt: „Was, wenn etwas passiert?“ Das Geburtshaus befindet sich zwischen zwei Krankenhäusern, mit denen es auch eng zusammenarbeitet. Im Notfall wäre man innerhalb weniger Minuten mit dem Notarztwagen schnell drüben. Und übrigens müssen nur knapp ein Prozent aller Neugeborenen im Geburtshaus München tatsächlich nach der Geburt in eine Klinik verlegt werden. Was aber an dieser Stelle auch einmal gesagt werden sollte: Während es im Krankenhaus, gerade im Kreissaal, oft sehr hektisch zugeht (Stichwort Hebammenmangel), findet im Geburtshaus eine Eins-zu-eins-Betreuung statt. Das bedeutet, dass die Gebärende eine eigene Hebamme für sich hat, die die ganze Zeit anwesend ist und sogar noch von einer weiteren Kollegin bei der Geburt unterstützt wird. Wer hat in diesen Zeiten bitteschön durchgehend gleich zwei Hebammen für sich?! Durch diese lückenlose Betreuung, die im Krankenhaus oft nicht möglich ist, kann dann natürlich auch viel eher festgestellt werden, wenn etwas mit Mutter oder Kind nicht stimmt. Kurzum: Wir fühlten uns zu keiner Zeit unwohl, das ist das Allerwichtigste.

Einmal im Monat wollten uns die Hebammen, wir hatten übrigens fünf von ihnen in unserem Team, sehen. So konnten sie die Schwangerschaft mitverfolgen und man lernte sich bis zur Geburt kennen, denn eine von ihnen war dann auch unsere Hebamme bei Krümels Geburt (und auch nach der Geburt übernahm eine von ihnen die Wochenbettbetreuung). Diese regelmäßigen Termine im Geburtshaus konnte man gleich als Vorsorgeuntersuchungen nutzen. So oder so nahm sich die jeweilige Hebamme immer eine Stunde Zeit für einen. Übrigens waren diese Termine viel entspannter und persönlicher als bei der Frauenärztin (auch wenn ich eine tolle Gynäkologin habe). Ich konnte jede (noch so intime) Frage stellen, die mich beschäftigte und fühlte mich schnell wie zu Besuch bei Freunden. Gegen Ende der Schwangerschaft erhielten wir eine Rufnummer, unter der wir immer eine unserer Hebammen erreichen konnten (für den Ernstfall, aber auch, wenn wir eine dringende Frage hatten). Und dann wurde es tatsächlich ernst, die Wehen setzten ein…

Ob und wie Krümel dann tatsächlich im Geburtshaus zur Welt kam, könnt ihr hier nachlesen.

14 Antworten auf „Geburtshaus statt Klinik

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    1. Hallo Donna,
      vielen lieben Dank dir – wir hatten ebenfalls eine Traumgeburt dort 🙂 Werde demnächst auf dem Krümel Blog darüber berichten… jetzt schau ich mal bei dir vorbei!
      Liebe Grüße

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  1. Ich erkenne mich und uns sooo wieder! Auch der Gedanke, dass ich nicht ins Krankenhaus will, weil ich ja nicht krank bin. Auch wir haben uns bereits in der 7. Woche im Geburtshaus München angemeldet. Und wir haben bis jetzt eine Bilderbuchschwangerschaft erleben dürfen! In 10 Tagen ist ET, langsam wirds spannend…!

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  2. … gerade hab ich deinen Artikel und meinen Kommentar nochmal gelesen. Und manchmal kommt alles doch anders, als man denkt und hofft und plant. Unsere Babymaus wollte einfach nicht kommen, auch nicht mit allen Anstups – Versuchen der Welt. So musste ich dann bei ET+15 doch in die Klinik zum einleiten… Die Geburt selbst war okay, das, was danach kam, nicht. 😦
    Das wichtigste ist natürlich, dass unsere Babymaus heute ein großartiges, gesundes und fröhliches Baby ist! Trotzdem bin ich manchmal noch traurig darüber, wie es gelaufen ist.

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    1. Oh liebe Nina!
      Ich habe unsere Unterhaltung auch heute Abend noch einmal gelesen und schon überlegt, ob ich mal nachfrage… Krümel ist bei ET+13 gekommen, auch recht knapp also. Die Kleinen haben einfach ihren eigenen Kopf. Schön, dass ihr eine so glückliche Maus geschenkt bekommen habt ❤ das ist wirklich das Wichtigste. Und ja, vieles läuft anders als gedacht und über vieles ärgert man sich nachträglich…

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